NACHMITTAG

Vati, gehen wir ans Meer? –
Es ist spät. –
Vati, gehen wir ans Meer, es ist heiß! –
Ist es heiß? Wirklich? –
Ja! Bringst du mich ans Meer? Wirklich? –
Ja, ich bringe dich hin, aber nicht wieder weinen! Ich kann dich nicht mehr weinen hören. Ich muss mich erbrechen, wenn ich dich noch einmal weinen höre. Erbrechen! –
– Also, dann bring mich ans Meer! –
Die heiße Sonne hatte die Basilikumpflanzen vertrocknen lassen. Die dürren Blätter erschienen wie tot und die Katzen spielten im Schatten eines Aprikosenbaumes, indem sie auf den untersten, u-förmigen Zweigen herumkletterten. Ein anderer Baum folgte mit den Augen einem weißen Schmetterling, der unentschlossen in der schweren Luft
umherflog.
Luigi hopste wie ein Eichhörnchen, wobei er das Eimerchen voll Wasser hin und her schwenkte.
Geh und zieh dich an, dann gehen wir spielen, an den Strand! –
Ans Meer? –
Ja. –
Und baust du mir ein Schloss aus Sand, mit einem König, mit Wasser und Fischlein drin? –
Ja. Du hast die Königin vergessen. Aber geh jetzt und zieh dein Badehöschen an, weil die Katze sonst dein Zipfelchen fressen
könnte! –
Es ist heiß … und außerdem frisst die Katze es nicht, weil sie weiß, dass es mein Zipfelchen ist! Verstanden? Siehst du, dass ich es noch habe? Du bist wirklich dumm, Vati. –
Ach, Vati ist dumm? Wenn die Königin dich hören könnte! –
Was … Lässt sie mich dann nicht in ihrem Schloss spielen? Vati? –
Ja, genau. –
Warum? –
Darum. Weil du ein Schlingel bist, lässt sie dich nicht in ihrem Schloss spielen. –
Na dann … ist die Königin wirklich dumm. –
TO BE THE PICTURE OF HEALTH

Wir sind Bestien, wir Leute von hier!

Vor kurzem, wirklich erst vor sehr kurzer Zeit, in einem schönen, nicht sehr großen, vielleicht sogar recht kleinem Haus, das in einen Stein gehauen war, wirklich, in einen großen, großen Stein, eine Masse mit ganz vielen kleinen Fensterchen, so wie die eines Schlosses, zu Füßen des Berges Epomeo aufgestellt, zwischen Meer und Land, lebte der Bauer Gioppino.
Wer weiß, wer weiß … vielleicht, vielleicht … war er der Urenkel des Bauern Cioppino aus Porcospino? Aber, wer weiß das schon? Na gut, wer es weiß, der weiß es.
Gioppino liebte all die schönen Dinge, die er in den Büchern entdeckte, nachdem er sie wieder und wieder gelesen hatte.
Er hatte drei Katzen und einen Hahn und eine Henne und außerdem sieben Frösche, die er in einen großen Bottich gesetzt hatte.
Der Hahn machte Kikeriki, einen Morgen ja, einen Morgen nein, und die Henne, die noch fast ein Küken war, legte einen Tag ja, einen Tag nein, ein Ei, das hart war wie ein Flusskiesel.
Und die sieben Frösche hatten es nie geschafft, auch nur eine einzige Kaulquappe großzuziehen!

Ein freundliches Stimmchen einer rolligen Katze deklamiert:
„Häppchen mit Nordmeerlachs“.
Eine andere Katze, im Badekostüm, zeichnet glücklich mit dem Pfötchen mit lackierten Krallen ein gesticktes Herz auf die Glasscheiben.

Und Flocky und die rote Ceppi und Marc‘Antonio hatten sich auf dem Polsterstuhl ausgestreckt und lauschten mit heraushängender Zunge. Dies war nunmehr die Standardszene, seit die schwarze Kiste ins Haus gekommen war, die, sobald sie eingeschaltet wurde, Stimmen und Blabla von sich gab, und manchmal sang. Auf dem Polsterstuhl ausgestreckt lauschten sie mit heraushängender Zunge.
Und … und es war wirklich an jenem Tag, dass Gioppino, als er wieder einmal Flocky sah, der noch mehr als die anderen mit offenem Mund zuhörte … eine Entscheidung traf. Er ging zum Supermarkt … Er gab seinen drei Katzen aus einer Dose zu essen … die ein Qualitätsetikett trug und die Abbildung einer Katze und außerdem die Aufschrift: „To be the picture of health!“
Flocky war dabei, sich die Oberlippe zu lecken, die noch nach Fleisch und Fisch schmeckte, während die rote Ceppi friedlich im Rucolabeet lag, im Schatten eines Feigenbaumes mit langen und kapriziösen Zweigen, und dann Marc‘Antonio, der sich mit angeschwollenem und hartem Bauch unter ein großes vergilbtes Kürbisblatt geduckt hatte.
Und plötzlich ließ sich auf einer Kürbisblüte ein schöner Schmetterling nieder; freundlich, mit langen, dünnen Flügeln; farbig bestickt in bizarren Farben.
Flocky jaulte. Er fixierte mit den Augen die leere Dose und streichelte mit den Pfötchen, die er so zart ansetzte, als ob er die Verlobte bei sich hätte, die Katzenabbildung, und es schien fast so, als wolle er einige weitere Fleischstückchen herausziehen, aus dieser rot phosphoreszierenden Aufschrift: „To be the picture of health!“
Und Marc‘Antonio schoss unter dem Kürbisblatt hervor und packte mit den Pfoten, die er wie Händchen hielt, den Schmetterling.
Und mit eingezogenen Krallen ließen die Pfötchen hin und wieder etwas locker.
Und der schöne Schmetterling erholte sich an der Luft und Marc‘Antonio ergriff ihn wieder übermütig und zerrte ihn durch Staub und Gestrüpp.
Lass mich –, lispelte artig der Schmetterling, – du bist doch schon satt und … Willst du mich umbringen? –
Er spielt nur –, miaute flink die rote Ceppi.
Und Gioppino, der die rote Ceppi miauen gehört hatte, ergriff rasch einen Besenstiel und warf ihn nach Marc‘Antonio.
Lass den Schmetterling! Lass ihn! Wie kannst du nur seine schönen Farben so herumziehen! Statt Mäuse zu fangen! Willst du mit dem Schmetterling den Helden spielen? Der Dummkopf. Das bequeme Leben, he? Fang Mäuse! Sie haben sich so sehr vermehrt! Spielen die Helden mit Schmetterlingen! Diese Dummköpfe. Ab morgen gebe ich euch nur ein wenig Brot und vielleicht ein wenig Wasser, zur Strafe … Vier Tage lang! Ins Haus kommt ihr mir nicht mehr herein! Fernsehen! Von wegen! Euch gefällt die zu viele Werbung, he? „To be the picture of health“? „Häppchen mit Nordmeerlachs“! Welch verkehrte Welt, hier so viel und dort nichts! Dort niiichts! –, deutete er mit dem kleinen Finger in Richtung weit entfernter Länder, genau in die Richtung, in die einige Möwen geflogen waren. – Wir sind Bestien, wir Leute von hier! Bestien! –
Marc‘Antonio hatte sich in eine Plastikröhre geflüchtet, die wie eine Schlange auf dem Boden herumlag, und der Schmetterling ordnete, noch ganz betäubt und übel zugerichtet, seine Beinchen, die wie Spinnenfäden waren, und als er sich in die Lüfte schwang, wandte er sich glücklich dem Meer zu, um seine langen, mit bizarren Farben bunt bestickten Flügel den dünnen elfenbeinfarbenen Segeln der kleinen Boote zu zeigen, die friedlich in dem leicht gekräuselten Wasser dahinglitten, wie viele, viele Nussschalen.

Sind wir Bestien, wir Leute von hier?
Es gibt Leute, die sagen das, und es gibt welche, die sagen nein, nicht …
Manche sagen ja …
Manche sagen nein …
Entschuldigen Sie mein Herr, meinen Sie mich? Ich sehe, dass Sie aufgestanden sind, und mit dem Finger auf mich zeigen. Möchten Sie eine Frage stellen? –

Ja, Ihnen. Und Sie? Sind Sie eine Bestie? –
Aber … Sieh einmal an, welche Frechheit! Was hat das mit dem Autor zu tun? –
„Ja, Ihnen. Und Sie? Sind Sie eine Bestie?“ Was hat das mit dem Autor zu tun? – wiederholte zirpend eine Dame im Pelzmantel. – Welche Frechheit! –
Ich danke Ihnen, gnädige Frau, seien Sie unbesorgt. Sie sind sehr schön. –
Danke. Sie sind tüchtig, Sie sind gut! –
Bitte. Gern geschehen.
Und ich?
Aber ich bin auch eine Bestie, weil ich hier sitze und mir den Bauch kratze: To be the picture of health.
Und dann ihr alle hier, die ihr mir zuhört und euch auch wieder die Bäuche kratzt.
Aber außerdem ist die Welt ein Bauch, und manche haben ihn leer, und manche haben ihn voll! Die Welt ist nur ein Bauch!
Ich will es zusammenfassen. Wir haben unsere Bäuche. Gut so?
No problem? Ehi, no problem? –
Ja, no problem. –
Tüchtig. Tüchtig. –
Interessant. –
Wirklich tüchtig. –
Ich habe mich amüsiert. –
So spritzige Fabeln …

Applaus…Applaus…Applaus…Applaus.

Elena, kommst du mit uns zum Abendessen? Bohnensuppe mit mexikanischen Würstchen und Rouladen aus gebratenem Fleisch mit gebratenem Schinken und gebratenen Melonen und gebratenen japanischen Algen und gedünstetem Kellner! Gehen wir zu den römischen Schlössern! –
Giorgio, ich kann nicht, ich muss nach Neapel fahren … ein Geburtstag! Meine Cousine wird hundertdreiundsiebzig Jahre alt! Da gibt es ein exzellentes Mahl. Im Restaurant „Abbuffati ca nu‘ schiatti“*, in Marechiaro. –

Carla, hast du es bestanden, das Examen in Philosophie? –
Ja. Dreißig Punkte und Auszeichnung. Aber ich bin nicht Carla, meine Freundin heißt Carla. –
Was denkst du so, über eine westliche Katze, ‚Dreißig Punkte und Auszeichnung‘? –
Sie ist ein Anhänger der westlichen Welt. Ich heiße nicht ‚Dreißig Punkte und Auszeichnung‘! Uff, geh mir nicht auf den Wecker! –
Gehe ich dir auf den Wecker, weil ich hässlich bin, ‚Dreißig Punkte und Auszeichnung‘? –
Ja. –
Sieh mich gut an, dann siehst du, dass ich schön bin ‚Dreißig Punkte und Auszeichnung‘. Ciao, ‚Dreißig Punkte und Auszeichnung‘! Auszeichnung für dich, Dreißig Punkte! Aber du sagst mir nicht einmal, wie du heißt. Dreissig, vierzig, der Hahn irrt sich und das Huhn bellt. Weißt du, ich lebe auf dem Lande und habe ein Schaf, das Eier legt und sie dann warm hält, und es kommen lauter verblödete Küken heraus. –
Uff, geh mir nicht auf den Weckeeer! Gott, was für ein Dummkopf! Verschwindeee! Ich rufe den Pförtner! –
Entschuldige, ich bin einer aus dem Westen. Schau, hier gibt es keinen Pförtner, wir sind im Theater. –

Bewegt ihr euch? Essen wir? Dreissig, vierzig, die Kuh irrt sich. Hier so viel und dort nichts.
Gioppinooo. Rote Ceppi, auf, bewegen wir uns!
Ich bin keine Katze. Die rote Ceppi kommt nur in der Fabel vor.
Sie haben einen flachen Bauch wie diese Dünnen in den fernen Ländern. Gehen wir, ich habe Appetit bekommen. Häppchen mit Nordmeerlachs.

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